Isle of Islay, Scotland, November 2023 – Part 5

Tag 5 führte uns dann zu der Brennerei mit der bei mir alles angefangen hat: Laphroaig. Ich will hier gar nicht breit und lang sentimentale Geschichten aus der Vergangenheit erzählen, aber ein kleiner Exkurs sei mir dann doch gestattet. Ich weiß gar nicht mehr wo genau und in welchem Jahr es war, es muss so Mitte bis Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts gewesen sein, das ich mit Laphroaig in Berührung kam. Und es war Liebe auf den ersten Schluck. Diese Andersartigkeit und Extremität haben mich sofort gefesselt und machen es auch heute noch. Natürlich habe ich damals den Whisky noch wie einen Wodka oder einen Weinbrand in mehr oder weniger kleinen Schlucken gekippt, ich kannte es ja nicht anders, trotzdem bekam ich diese spezielle Spirituose nicht mehr aus meinem Kopf. Im Laufe der Jahre dann holte ich mir immer mal wieder die 10er Standard-Abfüllung und irgendwann kamen dann auch mal der 15er, der Quarter Cask und der 18er dran, alles unter vorgenannten Trinkumständen natürlich. Irgendwann dann, so um das Jahr 2015, wurde ich dann via Facebook durch einen wie auch immer gearteten Zufall Mitglied der Gruppe „Whisky.de – Treffpunkt feiner Geister“, und konnte mich somit an die Geheimnisse des Destillats Whisky langsam herantasten, wobei natürlich Laphroaig nicht zu kurz kam. Durch diese Gruppe und zusätzliche Literatur bzw. Verkostungsvideos lernte ich viel über das Verrriechen und Verkosten dieser edlen Spirituose. Eine neue Welt tat sich mir auf, in der natürlich auch Laphroaig ein große Rolle spielt.

Aber zurück zum Thema, zu Laphroaig. Wir hatten hier eine Brennerei Tour mit anschließendem Warehouse Tasting gebucht und ich war naturgemäß voller Erwartungen. Bei Betreten des Destillerie-Geländes, als wir zwischen den Gebäuden zur Bucht gingen und ich den riesigen Laphroig-Schriftzug am Warehouse erblickte wurde mir dann schon ein wenig warm ums Herz. Endlich in der Brennerei mit der alles angefangen hat. Zumal diese sehr malerisch in einer kleinen Bucht gelegen ist. Ein wunderbares Gefühl, besonders wenn, wie in unserem Falle, auch das Wetter mitspielt.

Die Destillerie Tour war sehr spannend und interessant, Besonderheit hier war, dass jeder Teilnehmer einen Blick in den Raum werfen konnte, in dem die gemälzte Gerste gedarrt wird. Bei den anderen Brennereien gab es diesen Einblick nicht. Die Anlage hier bei Laphroaig war nach meinem Dafürhalten schon ziemlich groß, ich habe die Brennblasen jetzt nicht gezählt, aber sie liegt auf jeden Fall im unteren zweistelligen Bereich. Interessant fand ich auch die Steuerzentrale der Brennanlagen. Vom Notebook einmal abgesehen erinnerte mich diese ein wenig an ein Steuerungspult in einer Braunkohlen-Kokerei, in der ich zu DDR-Zeiten gearbeitet hatte. Also mit ein wenig Fantasie, versteht sich.

Das anschließende Tasting fand dann im Warehouse No.1 statt. Es wurden hier Drams aus drei verschiedenen Fässern gereicht, allesamt eher junge Vertreter ihrer Zunft. Als erstes ein 7-jähriger aus einem Bourbon Cask, dann ein ebenfalls 7 Jahre alter Whisky, der seine ganze Reifezeit in einem Virgin French Oak Cask verbringen durfte und schlußendlich ein im Fino Cherry Cask gereifter 6-jähriger Laphroaig. Alle drei Kandidaten waren top, halt junge und wilde Laphroaigs. Trotzdem muss ich sagen, und das schmerzt mich ein wenig, dass die Warehouse Tastings bei Bowmore und Bruichladdich unübertroffen waren, sei es wegen der Atmosphäre und des Umfelds, wie das Tasting stattfand und nicht zuletzt auch wegen der Füllhöhe der gereichten Drams. Da war man bei den beiden genannten Brennhäusern wesentlich kundenfreundlicher. Trotz der Kritikpunkte war das Tasting ein kleines Träumchen, wann sonst bekommt man Laphroaigs direkt aus dem Fass serviert. Ich habe mich bei dem 0,25l Sample, welches sich jeder Teilnehmer abfüllen lassen konnte, für den Kollegen 2 aus dem Virgin French Oak Cask entschieden. Das war für mich ein Laphroaig so wie er sein muss: jung, ausdrucksstark, medizinisch, torfig, ölig, maritim, würzig, brutal stark. Ganz großes Kino.

Auf dem Weg zu unserem fahrbaren Untersatz haben wir dann noch am Rande des Parkplatzes einen Hirsch gesichtet, der dort in der losen Erde auf Nahrungssuche war. Naturgemäß hatte er uns natürlich gewittert, machte ber keine Anstalten, die Flucht zu ergreifen. Hochaufmerksam verfolgte er ohne jegliche Scheu minutenlang unsere Aktivitäten, so dass ich mir noch mein Zoomobjektiv an meine Kamera schrauben konnte und den Kollegen ein bisschen näher vor die Linse bekam. Ein schönes Exemplar von einem Hirsch.

Nach diesem sehr eindrucksvollem Event haben wir noch einen Abstecher zu Ardbeg gemacht. Hier hatten wir keine Tour und kein Tasting gebucht. Schlicht und ergreifend deswegen, weil zum Zeitpunkt unseres Besuch nichts Interessantes in dieser Richtung angeboten wurde. Auf Standard-Tastings mit der Core Range hatten wir keine Lust, diese kennen wir alle. Nichtsdestotrotz war der Besuch des Visitor Centre bei Ardbeg ein Erlebnis, bekanntermaßen beherrschen die bei Moët Hennessy, dem Mutterkonzern von Ardbeg, das Marketing ja aus dem Stehgreif. Das merkt man auch der Brennerei und dem Besucherzentrum an. Alles sehr fein mit kleinen und schönen Details hergerichtet, innen wie außen. Und wir hatten dort nach dem vorausgegangenen Besuch bei der Konkurrenz einen kleinen Imbiss zu uns genommen, welcher uns in diesem Hause sehr empfohlen worden war und der nach dem Tasting bei Laphroaig für uns wohl auch ziemlich nötig war.

Dieser Stärkung folgend wollten wir noch einen Abstecher zum Kildalton Cross machen, welcher nur ein paar Meilen von der Ardbeg Destillerie in Richtung Norden entfernt gelegen ist. Schon der Weg dahin ist etwas Besonderes. Die kleinen Waldstücke links und rechts der Straße sahen richtiggehend verwildert und mystisch aus. In der Dämmerung oder in der Nacht ist es da bestimmt ziemlich gruselig, besonders wenn man eine lebhafte Fantasie hat (also wenn ich mal einen Horrorfilm drehen wollte…). Am Kildalton Cross selbst war keine Menschenseele zu sehen und so konnten wir die alte Kirchenruine samt Keltenkreuz und die nähere Umgebung in Ruhe erkunden. Ein magischer Ort, wie ich finde. Damit ging dann auch wieder ein sehr ereignisreicher Tag zu Ende.

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