Ich weiß, ich bin spät dran, aber nichtsdestotrotz will ich auch noch meinen Senf zur Whisky Live dazugeben. Es wurde ja in den diversen Social Media-Kanälen schon reichlich über das Event geschrieben und, soweit ich das überblicken kann, gab es nur positive Resonanz, sowohl vom Veranstalter, der Kirsch Import GmbH & Co. KG, als auch seitens der Besucher.
Stattgefunden hat die Messe an einem Wochenende im Oktober, genauer gesagt am 11. und 12. Oktober. Am Sonnabend war das Congress Center Hamburg (CCH) für alle Besucher offen und am Sonntag war der Zugang nur Fachbesuchern möglich. Es war dies eine Premiere für die Whisky Live hier in Deutschland, gab es diese doch bisher nur in ausgewählten Städten wie Tokio, London und Paris. Ich weiß jetzt nicht wie lange genau es diese Messe international schon gibt, ich hab irgendwo was von 25 Jahren gelesen, aber der Veranstalter ist nun bestrebt, diese Veranstaltung nun auch in Deutschland zu etablieren.
Nun mag sich der geneigte Genießer fragen, warum noch eine weitere Whisky-Messe, gibt es solche doch in Deutschland mittlerweile wie Sand am Meer. Nun, die Antwort ist im Konzept der Whisky Live zu suchen. Eine Eintrittskarte für einen Tag Whisky Live kostete 69,99 € und in diesem Preis sind alle ausgeschenkten Spirituosen inkludiert. Gut, nicht alle, aber ich würde mal schaätzen, dass 98% davon kostenfrei im Ausschank waren. Es soll wohl auch Anbieter gegeben haben, die für bestimmte höherwertige Whiskies einen gewissen Obolus verlangten. Mir persönlich ist das jedoch nicht passiert, und ich habe eine ganze Reihe hochwertiger alter Single Malts probieren dürfen. Bei den landläufig bekannten Messen hingegen bezahlt man zusätzlich zum Eintritt jeden Dram für sich. Man war seitens des Veranstalters dann auch sehr gespannt, ob und wie dieses Konzept in Deutschland angenommen wird.
Ich konnte an beiden Tagen dabei sein und ich muss sagen, es wurde zu keinem Zeitpunkt langweilig. Nicht zuletzt auch deshalb, weil man alle paar Meter ein bekanntes Gesicht sah und sich natürlich erst mal begrüßen musste. Dabei habe ich endlich auch Stefan Brösel persönlich treffen können. Hat mich sehr gefreut, Grüße in den Süden der Republik. Es war natürlich auch jede Menge Whisky-Prominenz vor oder hinter den jeweiligen Ständen anzutreffen, stellvertretend seien hier nur Andrew Symington (Edradour, Signatory) und Billy Walker (GlenAllachie) genannt, die sich beide als sehr nahbar und gesprächsfreudig erwiesen. Sehr schön.
Für mich waren am Sonnabend die ersten Anlaufpunkte die Elixier Distillers und die Isle of Raasay Distillery, wo ich jeweils eine Flasche zu kaufen gedachte. Bei Elixier war das wenig überraschend ein Laphroaig aus der The Single Malts of Scotland-Serie, der nach 11 Jahren Lagerung in einem Refill Hogshead mit knackigen 64,5% vol abgefüllt wurde. Probiert habe ich ihn leider nicht, ich wollte nicht mit einem solch fetten Rauchmonster als erstem Whisky beginnen, und später dann hab ich diesen Laphroaig aus den Augen verloren. Aber ich hab ja noch die Flasche. Am Stand von Raasay wollte ich dann das Single Cask aus der The Awakening Series probieren, was dann natürlich in einen Kauf mündete. Bisher hatte ich aus dieser Brennerei aber auch noch nichts Schlechtes im Glas gehabt, so auch hier. Das getorfte Destillat lag seine gesamte Reifezeit in einem PX-Sherry Quarter Cask und hat mich sofort überzeugt. Geschaut habe ich im Anschluß dann noch nach dem 20-jährigen Springbank von Best Dram, ich wollte hier nur einen kleinen Schluck probieren, da ich den Flaschenpreis im Vorfeld schon erfahren hatte. Allerdings wurde zum Zeitpunkt meines Standbesuchs keine Flasche mehr geöffnet, so dass ich leer ausging, worüber ich allerdings nicht wirklich böse war. Bei einem Flaschenpreis von über 500€ muss ich den dann auch nicht unbedingt probieren, für mich eindeutig overpriced. Um das Thema Käufe abzuschließen, ebenfalls von Best Dram habe ich mir nach einer Probe eine Flasche aus der tasmanischen Callingten Mill Distillery gegönnt. Ich liebe ja solch exotische Abfüllungen aus Brennereien vom anderen Ende der Welt. Und letztlich bin ich noch über einen Glen Garioch vom Independent Bottler Wu Dram Clan gestolpert, wo nach einem Probierschluck sofort eine Flasche den Besitzer wechselte.
Um 17:45 Uhr, also kurz vor Toresschluß des Messetags stand dann noch ein Tasting an, auf das ich mich sehr gefreut habe. Billy Walker und Andrew Symington luden unter dem Motto „Lebenswege im Glas“ zu einr Masterclass. Es wurden 6 Drams gereicht, und was da aufgefahren wurde, seht ihr ja auf den Fotos. Das war High End. Die beiden Whisky-Ikonen waren so richtig in Erzähllaune und es war beizeiten absehbar, dass die ursprünglich veranschlagte Zeit von 45 Minuten bei weitem nicht ausreichen würde. Am Ende wurden wir dann nach 19 Uhr aus den Erzählfängen der beiden Altmeister und dem CCH (die Veranstaltung endet um 19 Uhr) in den Abend entlassen. Ich muss sagen, dass ich bis dato selten so ein großartiges Tasting hatte.
Am Sonntag dann, dem Fachbesuchertag, ging es dann ein wenig ruhiger zu. Klar, die Anzahl der Besucher war geringer als am Vortag, aber auch nicht so wenig, dass sich die Besucher in den Räumen verliefen. Trotzdem empfand ich den Sonntag als deutlich entspannter, was vermutlich auch daran lag, dass ich meine Kauf-Agenda bereits am Vortag abgearbeitet habe. An diesem Tag habe ich dann auch ein paar alte Schätze bei Gordon & MacPhail probieren dürfen. Ganz großes Kino. Im Gedächtnis ist mir vor allem ein 82er Convalmore geblieben, der angesichts seiner 40 Jahre im Fass trotzdem noch mit sehr wuchtigen 55,5% vol daherkam und mich mit seiner ausgeprägten würzigen Eichennote in seinen Bann zog.
Fazit: Soweit ich das mitbekommen habe, waren alle Beteiligten von der Veranstaltung begeistert. Kirsch Import zeigte sich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Messe, insbesondere zeigte man sich positiv beeindruckt vom Ausbleiben sogenannter Alkoholleichen, was darauf hindeutet, dass man sich mit dem Thema im Vorfeld der Messe ausführlich auseinandergesetzt hat. Auch seitens der Besucher war wohl alles zur vollsten Zufriedenheit, zumindest habe ich aus meinem Bekannten- und Freundeskreis nicht anderes vernommen.
Die Location, das Congress Centrum Hamburg, war sehr gut gewählt, sie bot großzügige Platzverhältnisse. Nur im Saal G ging es manchmal ein wenig eng zu, speziell am Sonnabend, aber das fiel nicht wirklich in’s Gewicht. Ansonsten alles sehr weitläufig, hell und luftig. Das Einzige, was mir negativ auffiel, waren fehlende Sitzgelegenheiten. Ich hätte mir gewünscht, dass ich mich zwischendurch immer mal so um 5-10 Minuten hätte hinsetzen können, um das Erlebte zu reflektieren oder mich mit Freunden auszutauschen. Aber auch das nur eine kleine Randnotiz.
Tja, was soll ich sonst noch schreiben. Ich habe mir sagen lassen, dass das Event im nächsten Jahr wieder stattfinden soll, und zwar wieder im CCH in Hamburg. Ich freue mich schon sehr darauf.

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