2 Monate ist es nun schon her das ich hier auf meiner Seite einen Beitrag hochgeladen habe. Wie die Zeit doch vergeht. Meine vergangenen Schottland-Reisen wirkten lange nach, aber nun wird es langsam Zeit wieder nach vorne bzw. in die jüngere Vergangenheit zurück zu schauen. Da gab es nämlich am vergangenen Mittwoch ein kleines, aber feines Whisky & Pralinen Tasting von der SMWS. Und es fand, nein, nicht im Irish Rover, sondern in der Freudenhaus Bar auf St. Pauli statt, was mich sehr gefreut hat. Gefreut deshalb, weil ich diese Bar ob der riesigen Whiskyauswahl vor ca. 7 – 8 Jahren mit einem Bekannten ziemlich regelmäßig angelaufen bin, quasi zu der Zeit, als ich begann, mich intensiver mit dem Thema Whisky auseinaderzusetzen. Ich wähnte mich damals dort im Whiskyhimmel. Lange her und ich erinnere mich gerne daran. Aber die Zeit und das Leben gehen weiter und so war ich denn gespannt, wie es denn heute so im Freudenhaus ist. Klar, zwei- dreimal war ich in den vergangenen Jahren auch mal wieder dort, allerdings immer nur kurz für ein oder zwei Drams bzw. Cocktails.
Aber lassen wir die Vergangenheit Vergangenheit sein und widmen uns der Gegenwart, die da in unserem speziellen Falle bedeutete: SMWS-Tasting mit dem Thema Whisky & Pralinen. Die Ankunft in der Freudenhaus Bar war zunächst einmal nicht sehr vielversprechend. Vorne am Tresen in der Bar drängelten sich so ca. 15 – 20 Personen, wahrscheinlich ein Firmen Event, so dass wir Tasting-Teilnehmer uns erstmal in einer Ecke verkrochen und ein feines Guiness bestellten. Wir wurden jedoch durch unseren Gastgeber beruhigt. Die Meute der Anwesenden wartete nur darauf, in’s benachbarte Freudenhaus-Restaurant zum reservierten Abendmahl zu wechseln. Zudem waren wir auch ein wenig zu zeitig vor Ort. Von daher, alles im grünen Bereich.
So nach und nach trudelten dann die Teilnemher des Tastings ein und irgendwann kurz nach offiziellem Begin um 20:30 Uhr waren wir auch alle beisammen. Nach Sichtung der Fotos und Kramen im Gedächtnis komme ich jedoch auf nicht mehr als 11 Nasen. Hmm, doch so wenig? Ich hätte wegen der neuen Location doch auf ein wenig mehr Teilnehmer getippt. Aber was soll’s, der Whisky würde deswegen nicht schlechter schmecken.
Hatte ich mich schon über das Ambiente in der Bar ausgelassen? Ich glaube nicht, deswegen hier ein paar Worte dazu. Der Name der Bar suggeriert ja das typische Reeperbahn-Klischee, und soll es wohl auch. Davon ist jedoch das Interieur und das Ambiente der Bar weit entfernt, lediglich das links im hinteren Bereich hängende Gemälde ist dann doch eher hedonistischer Natur und verweist auf den Standort der Bar auf der Reeperbahn. Ich muss mich hier als Malerei-DAU outen, vielleicht ist es ja ein weltbekanntes Motiv eines berühmten Malers und ich hab das mal wieder nicht mitbekommen. Gut möglich. Aber zurück zum Inneren der Bar. Ich würde hier mal zwei Begrifflichkeiten in den Raum stellen: Gemütlich und rustikal. Gemütlich deswegen, weil das etwas diffuse gelbliche Licht eine anheimelnde und etwas großmütterliche Atmosphäre vermittelt, und rustikal, weil das dunkelbraune Holzfurnier der Bartheke, die mit roten samtartigen Stoff bespannten Sitzbänke und die vom Gewicht der Whiskyflaschen nehr oder weniger durchhängenden Regalbretter einen bodenständigen Charakter rüberbringen. Die alte beleuchtete Astra-Werbung über dem Tresen trägt seinen Teil dazu bei. Der geneigte Leser merkt sicher das der Laden beim Verfasser dieser Zeilen sehr gut ankommt, womit er natürlich absolut Recht hat.
Die Whiskyauswahl im Freudenhaus hingegen begeistert mich naturgemäß heute nicht mehr so wie damals vor 7 – 8 Jahren als relativer Whisky-Neuling, aber nichtsdestotrotz finden sich hier im Freudenhaus immer noch und wieder Abfüllungen, die man A noch nicht kennt und B schon immer mal probieren wollte. Also ein Besuch in der Freudenhaus lohnt meiner Meinung nach auch heute noch immer.
Nun aber zu dem, weswegen wir alle die Reise in’s Hamburger Rotlichtviertel angetreten haben: den Whiskies, und den Pralinen. Den Starter markierte ein 13 Jahre alter Teaninich (59.82) mit dem klingenden Namen Caramel Creme Brulee aus dem Juicy, Oak & Vanilla Profil. Ich mag dieses Profil ja sehr gerne und demzufolge gefiel mir auch dieser Teaninich sehr gut. Speziell diese prägante Eichenwürze in Verbindung mit der süßen Vanillenote am Gaumen fand ich sehr schön.
Als nächste bekamen wir einen Auchentoshan kredenzt. 10 Jahre alt und abgefüllt mit 60,8 Volumenprozenten war dieser Whisky ein typisches Beispiel dafür, das man so einen Whisky (noch) nicht hätte abfüllen müssen. Ein paar Jahre länger in diesem oder auch einem anderen Fass hätten dem Destillat sicher gut getan. So aber war der Lowlander eigentlich nur sprittig. Sorry das ich das so deutlich schreiben muss.
Auch die nächsten beiden zu verkostenden Drams (85.93 und 85.94 – Glen Elgin) kamen meines Erachtens nicht über Mittelmaß hinaus. Das klingt jetzt allerdings negativer als es tatsächlich war. Sie waren gut trinkbar, werden mir aber sicher nicht in Erinnerung bleiben.
Der vorletzte Kandidat des Abends war dann ein Linkwood (39.297), der, 14 Jahre alt, in einem Oloroso Hogshead gefinished wurde. Linkwood mag ich ja sehr gerne, wenn sie, speziell bei der Society, in Bourbon Fässern gereift wurden. Da kommt das Fass meist so richtig schön fett rüber. Im vorliegenden Falle hatte sich der Linkwood aber auch mit dem Oloroso Fass sehr gut vertragen, so dass wir es hier mit einem richtig guten Vertreter seiner Art zu tun hatten.
Womit wären wir beim letzten Whisky des Abends angelangt wären. Und was soll ich sagen, der hatte es in sich. Nicht umsonst wurde er wohl namentlich in der Event-Beschreibung der SMWS erwähnt. Wir hatten hier einen 23-jährigen Laphroaig vor der Nase, der seine gesamte Reifezeit in einem Oloroso Butt verbrachte und am Tage der Abfüllung immerhin noch 58,2% vol. vorweisen konnte und als ob das nicht genug des Guten gewesen wäre, auch noch im Heavily Peated Profil beheimatet war. Was für Eckdaten. Aber hat er auch geliefert? Ja, hat er, und wie. Für mich ein Laphroaig wie er im Buche steht. Wieder einmal haben wir es mit einem Krankenhaus an einer imaginären Steilküste auf Islay zu tun, an welcher Gischt bei Sturm brutal auf die Felsen trifft und sich der Geruch des Meeres mit dem des Krankenhauses vermählt. Fantastisch. Das Oloroso Fass wirkte trotz Vollreifung in selbigem nur dezent im Hintergrund und fügte sich harmonisch in das Gesamtbild ein. Mit diesem Laphroaig würde ich mich gerne für ein paar Stündchen in’s stille Kämmerlein zurückziehen, und riechen und schmecken und riechen und schmecken und … also einfach nur genießen. Dieser Islay Whisky ist ganz großes Kino, wenn er denn nur nicht so teuer wäre. Die Preise, die für solche, etwas älteren Abfüllungen aus bestimmten Brennereien, nicht nur von der SMWS, aufgerufen werden, sind einfach nur jenseits von gut und böse.
Noch eine Anmerkung zu den Pralinen, die in meinen Ausführungen vielleicht ein wenig zu kurz gekommen sind und das Tasting ja unter dem Motto Whisky & Pralinen angekündigt war. Diese stammten aus der ältesten Berliner Pralinenmanufaktur Sawade und kamen in edler Verpackung daher. Sie waren eine schöne, manchmal auch die jeweiligen Drams aufwertende Beigabe zu den gereichten Whiskies. Aber wie man unschwer den obigen Zeilen entnehmen kann, war ich hauptsächlich, im negativen wie auch im positiven Sinne, mit den Abfüllungen des Abends beschäftigt.
Zum Abschluß sei noch angemerkt, dass die hier niedergeschriebene Kritik an bestimmten Abfüllungen sich über einen längeren Zeitraum entwickelt und aufgebaut hat. Aus meiner Sicht hat die SMWS in den vergangenen Monaten und Jahren zu viel durchschnittliche Abfüllungen auf den Markt gebracht, nach dem Motto: Masse statt Klasse. So zumindest mein subjektiver Eindruck. Auf der anderen Seite kann ich aber auch nicht ausschließen, dass ich das Problem bin. Ich habe in den letzten Jahren so viele tolle und auch nicht so tolle Whiskies probieren dürfen, dass ich schlicht und ergreifend übersättigt und verwöhnt bin und ich den Whisky an sich vielleicht gar nicht mehr so zu schätzen weiß, wie er es eigentlich verdient hätte. Vielleicht aber trifft auch Beides zu, wer weiß. Aber das nur kurz am Rande zum besseren Verständnis des weiter oben Geschriebenen.
Aber um endlich zum Ende zu kommen. Trotz meiner Kritik an einigen Abfüllungen war das ein wunderbarer Abend in einer neuen Location, die mir sehr zusagt. Mal schauen, vielleicht geht da ja in Zukunft noch was für weitere Tastings. Ich danke allen Anwesenden für den schönen Abend, ganz besonders jedoch Thom, unseren Brand Ambassador von der SMWS, für sein tolles Engagement und seine Umtriebigkeit in Sachen Whisky und Tastings.
No responses yet