Kurz vor Ende des Kalenderjahres und vor Beginn des alljährlichen Weihnachtswahnsinns lud die SMWS zum Old & Rare-Tasting ins Hotel Atlantic, eine höchst exklusive Adresse in exponierter Lage an der Hamburger Außenalster, der ich naturgemäß gerne gefolgt bin. Dieses Mal sogar in Begleitung meiner besseren Hälfte, die es sich nicht nehmen lassen wollte, gemeinsam mit ihrer schlechteren Hälfte in dieser exklusiven Umgebung einige exklusive Drams zu sich zu nehmen. Wir waren schon etwas früher vor Ort, da ich im Außenbereich noch ein paar Aufnahmen vom Hotel machen wollte. Nachdem dies erledigt war, begaben wir uns schon mal in den Empfangsbereich des Hotels, wo uns eine kleine Tafel den Weg in den Goldenen Saal wies, in dem das Tasting stattfinden sollte. Wir waren die Ersten und so konnten wir uns ungestört im Bereich der des Saals umschauen und uns mit den Räumlichkeiten vertraut machen.
So nach und nach trudelten dann auch alle Teilnehmer ein und irgendwann kurz vor Beginn des Tastings erschien denn auch die Moderation des Abends in Form von Thom Glas und Begleitung. Zunächst in Alltags-/FFW-Kluft zog er sich jedoch flugs um und erschien dann versprechens- und standesgemäß in der klassischen schottischen Uniform. Und so konnte dann auch der reguläre Teil des Abends beginnen. Sechs Whiskies wurden im Vorfeld von der SMWS angekündigt, wobei der Jüngste 18 Jahre und der Älteste immerhin stolze 35 Jahre in ihren jeweiligen Fässern reifen durften. Das klang sehr vielversprechend, wenn man denn, wie es ein guter Whiskyfreund immer leicht despektierlich auszudrücken pflegt, alte Holzsuppen mag. Ich war und bin da diesbezüglich nicht abgeneigt, genauso wie die anderen anwesenden Teilnehmer auch.
Es wurden dann die Kandidaten des heutigen Abend auf einem Glastisch etwas abseits der langen Tafel präsentiert, so dass die Teilnehmer des Tastings die Flaschen erst einmal fotografisch festhalten konnten. Im Anschluß daran wurde der erste Whisky in die Gläser gebracht, während Thom ein paar einleitende Worte an seine Gäste richtete.
Der erste Whisky des Abends war auch gleichzeitig mit 35 Jahren der Älteste. Es handelte sich um einen Tormore, der seine gesamte Reifungszeit in einem wiederbefüllten Ex-Bourbon Hogshead verbrachte und mit immerhin noch 48,1 Volumenprozenten in die Flaschen verbracht wurde. Der Name der Abfüllung, „Honey jam“, passte denn auch hervorragend zum Whisky, verströmte selbiger doch einen Duft von Honig, Flieder und Pfirsichen. Diese Noten setzten sich dann auch am Gaumen fort, wo jedoch eine feine Eichennote hinzukam, die sich dann auch im Abgang fortsetzte, allerdings ein wenig intensiver, jedoch keineswegs unangenehm. Ein eleganter Starter. Eine kleine Randnotiz noch zu dieser Abfüllung. Laut Whiskybase wurde dieser Whisky mit Destillationsgeräten gebrannt, die über offenem Feuer betrieben wurden, was zu einem fruchtigeren Destillat führen soll. Für diesen schönen Tormore würde ich das tatsächlich unterschreiben.
Auf den zweiten Whisky habe ich mich besonders gerfreut, handelt es sich bei diesem doch um einen Pulteney und ich diese in der Vergangenheit lieben gelernt habe. Er hört auf den Namen „Sea breeze through quince trees“ und im Jahre 1993 destilliert. Damit ist er 5 Jahre jünger als sein Vorgänger, der Tormore. Er lagerte in einem zweitbefüllten Ex-Bourbon Barrel und hatte noch 51.7 Prozente auf der Uhr. Es handelte sich bei diesem Pulteney ebenfalls um einen sanften und eleganten Vertreter seiner Art, jedoch aufgrund seiner Herkunft an der Ostküste ziemlich weit im Norden Schottlands mit etwas anderer Charakteriska als der Tormore. In der Nase eine milde Seebrise und Süße, blieb im Mund zunächst erst einmal nur die Süße, die begleitet wurde von hellen Früchten. Im Abgang dann kam seine maritime Herkunft in Form von Seesalz und leichter angenehmer Bitterkeit wieder zum Tragen. Ein ebenfalls eleganter und sehr gediegener Whisky der von mir sehr geschätzten Destillerie aus Wick.
Der Dritte im Bunde war dann der einzeige des Abends, der nicht mit einem schwarzen Etikett daherkam, trotzt seiner 32 Jahre. Nach welchen Kriterien die SMWS bei der Wahl der Etiketten hier vorgeht, hat sich mir bis dato noch nicht erschlossen. Aber zurück zum Thema. Es handelte sich beim dritten Whisky um einen Single Grain Whisky, und zwar aus der geschlossenen Lowland-Brennerei Cambus. Im vorliegenden Falle steht auf der Flasche der Name „Between a dream and dopamine“, sucht man jedoch in der Whiskybase nach G8.22, dann findet man die Flasche, allerdings mit dem Namen „Age and refinement“, die anderen Eckdaten sind identisch. Das ist wieder so ein Kuriosum, wie es wohl nur die SMWS zustande bringt. Sei es drum. Der Whisky allerdings konnte liefern, und wie. Einen schönen Grain-Vertreter hatten wir da im Glas, der schon in der Nase als solcher zu erkenne war. Die typische Möbelpolitur war ebenso vorhanden wie die herbe Orangenzeste. Am Gaumen kennzeichnet den Whisky zunächst ein starker Antritt, trotz der „nur“ 50,2%, gefolgt von typischen Weihnachtsnoten wie Pfefferkuchenteig und Schokolade. Im Abgang hingegen konnte ich mir vorstellen, gerade einen feinen Sherry-Likör genossen zu haben. Die letzten drei Jahre seiner Reifezeit im erstbefüllten Oloroso Hogshead haben da wohl ganze Arbeit geleistet. Selten einen so stimmigen und herrlichen Grain im Glas gehabt.
Flasche Nummer vier tanzte dann ein wenig aus der Reihe, war er doch die mit Abstand jüngste Abfüllung des Abends, er hatte gerade mal die Volljährigkeit erreicht, und außerdem der einzige Whisky, der mit einer leichten Rauchigkeit daherkam. Der Bowmore ist Teil einer kleinen Serie aus vier Flaschen, die die SMWS anlässlich ihres 40. Geburtstags auflegte. Dabei gab es einen Glenfarclas, einen Glen Grant, einen Tamdhu und eben jenen Bowmore, wobei die Destillery-Codes der Flaschen zusammnegenommen das Gründungsjahre der SMWS, 1983, ergaben. Der Bowmore hier hört auf den Namen „Mellifluos quince“, wurde mit 56,9% auf die Flaschen gezogen und reifte die ganzen 18 Jahre in einem 2nd Fill Ex-Bourbon Hogshead. Ich durfte den Whisky schon ein paar Monate vorher im Rahmen einer Verkostung aller vier Flaschen der Serie probieren, wobei ich ihn sehr positiv in Erinnerung hatte. Ein typischer Bowmore halt, leichter und eleganter Rauch macht sich in Nase, am Gaumen und auch im Abgang breit, dazu kommt der die klassische Veilchen Note. Sehr schön.
Ich weiß nicht um das Fassmanagement bei der Society, aber ich finde es bemerkenswert, dass es bei der SMWS so viele ältere Abfüllungen mit hohem bis sehr hohem Alkoholgehalt von teilweise deutlich über 60% gibt. So auch hier beim fünften Whisky des Abends, einem Benriach, der lange 34 Jahre in einem 1st Fill Ex-PX Butt gelegen war und trotzdem noch 59.2% mitbrachte. Wie kommt das zustande? Extrem dichte Fässer ist natürlich das naheliegendste, aber bei so vielen SMWS-Abfüllungen? Hat die SMWS ein besonderes Fassmanagement? Oder beziehen sie ihre Fässer aus bestimmten Quellen? Fragen über Fragen, die einer Antwort harren. Zurück zum Whisky. Der Name der Abfüllung, „Heaven in a leather hammock“, passt gut zum Whisky. Leder habe ich, ebenso wie Tabak und poliertes Holz. Weiterhin fand mein Gaumen aber auch diverse Rotfrüchte und Rosinen, wohingegen der Abgang trocken und angenehm nussig geriet. Weitere kleine Kuriosität von der Society – auf der Flasche ist als Cask 1st Fill Ex-PX Butt vermerkt, in den offiziellen Verkostungsnotizen in der Base steht jedoch „After 26 years in an oloroso butt this was transferred to a first fill Pedro Ximénez butt for the remainder of its maturation“. Hmm, was denn nun? Aufgrund seiner Nussigkeit im Nachklang würde ich eher den Verkostungsnotizen als dem Flaschenetikett Glauben schenken. Aber so oder so war’s ein toller Benriach.
Womit wir schon beim letzten Whisky des Abends angekommen wären, einem 33-jährigen Macallan mit dem Namen „Bonkers for conkers“, der auch noch im EU-Shop der SMWS verfügbar ist. Der Preis von 2999 € ist natürlich komplett absurd. Wenn ich diesen aufgerufenen Preis mit dem von anderen Abfüllungen des Abends vergleiche, dann bezahle ich locker mal 2000 € für den Namen Macallan. Nein danke. Aber der Whisky kann nix für die Preispolitik der Whiskyindustrie und so kann und muss ich konstatieren, dass wir hier einen klassischen, in Sherry-Fässern gereiften Speysider im Glas hatten, der die ersten 29 Jahre in einem Refill Oloroso Butt schlummerte, bevor er dann für den Rest seiner Reifezeit in ein 1st Fill Oloroso Butt umgefüllt wurde. Auch hier haben wir es wieder mit einer relativ hohen Alkoholstärke von immerhin noch 53,8% zu tun. was sich aber im Mundraum als nicht unangenehm erwies. Ein ganz hervorragender Whisky war das, der aus meiner Sicht aber hauptsächlich von seinem Fassmanagement profitiert hat.
Mit dem Macallan war dann auch der letzte Whisky des Abends getrunken und mir bleibt nur ein kurzes Fazit. Preislich war das Old & Rare Tasting natürlich mehr als fair bepreist. Wenn man Flaschenpreise auf die Drams herrunterbricht haben wir es hier ganz eindeutig mit einem Schnapper zu tun. Mit dem Goldenen Saal im Hotel Atlantic wurde eine ganz besondere Location auserkoren. Der Service vor Ort war wirklich erstklassig. Zwischen den einzelnen Whiskies wurden sogenannte Canapés gereicht, kleine Häppchen aus Brot, die mit Fisch, Wurst und Käse belegt waren, was mir sehr gut gefallen hat. Zur Räumlichkeit Goldener Saal sei allerdings noch gesagt, dass dieser viel zu grell ausgeleuchtet wurde. Dadurch wirkte alles ein wenig steril und es kam keine gemütliche Atmosphäre zustande. Aber das ist auch der einzige Kritikpunkt von meiner Seite an einem bemerkenswerten Abend. Auch meine Frau, die sich erst kurz zuvor zur Teilnahme entschieden hatte, war begeistert. Dank an Ambassador Thom Glas und sein Team, dank an die SMWS für dieses exclusive Event mit 6 exclusiven Abfüllungen und dank auch an das erstklassige Service-Team des Hotel Atlantic..
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