Der Donnerstag war rein terminplantechnisch dann wieder ein wenig anspruchsvoller. Wie anspruchsvoll sollten wir aber erst im Laufe des Tages merken. Aber von Anfang an …
Der Vormittag war für ein weiteres Bowmore Tasting reserviert, welches um Viertel Elf (man kann natürlich auch Viertel nach Zehn sagen ;-)) beginnen sollte. Wir waren beizeiten vor Ort in der Destillerie und wir bekamen noch die Schlange vor dem Visitor Centre mit, die auf den Verkauf einer Sonderabfüllung wartete und das, soweit ich gesehen habe, weitestgehend erfolgreich. Dabei handelte es sich um einen Bowmore, der in einem Mizunara Cask gelegen war, ob die ganze Reifezeit lang oder nur gefinished habe ich grad nicht mehr im Kopf. Ich erwähne das deswegen, weil ich doch gerne mal einen Whisky probieren würde, der in einem Mizunara Fass gereift ist. Nun, irgendwann wird es schon mal hinhauen.
Soweit ich weiß war das ein reguläres Event, welches unter dem Namen Tour Guides Selection Tour And Tasting angeboten wurde und was auch außerhalb des Fèis Ìle Festivals gebucht werden kann. Sicher bin ich mir da aber nicht, auch deshalb, weil die Bowmore Website nicht aktuell und ziemlich ungepflegt wirkt und ich diesbezüglich nichts finden konnte. Ist letzten Endes aber auch zweitrangig, das Tasting an sich ist ja das Ausschlaggebende. Wir wurden durch unseren Tour-Guide durch die zentralen Kernpunkte der Whisky-Produktion bei Bowmore geführt, mit dem letztlichen Ziel Warehouse #1, welches den Höhepunkt der Tour, das Warehouse-Tasting darstellen sollte. Dabei gab es dann 3 spezielle Abfüllungen und einen New Make zum Probieren. Herausragend fand ich dabei die 23-jährige Abfüllung und den Handfilled mit 61% vol., wann findet man schon mal einen solch kräftigen Bowmore. Aber auch der Dritte im Bunde, ein 17 Jahre alter Distillery Exclusive, war nicht von schlechten Eltern. Insgesamt ein feines Tasting, welches ich doch für mich deutlich hochwertiger einstufen würde als das Aston Martin-Tasting vom vorigen Tag, andererseits aber auch bei weitem nicht so großartig wie das No.1 Warehouse Tasting im vergangenen November, welches ja für mich bekanntermaßen das Highlight des damaligen Islay-Urlaubs darstellte.
Im Anschluß an die Tour und das Tasting bei Bowmore tasteten wir uns mal wieder vorsichtig an die „Öffentlichen“ heran und siehe da, er kann auch funktionieren, der ÖPNV auf Islay. Der Bus von Bowmore nach Port Ellen fuhr, und das auch noch halbwegs pünktlich. Da hatten wir im letzten Jahr auch schon andere Erfahrungen machen dürfen und durften solche auch in nächster Zukunft noch machen. Wir hatten abends noch das Ardbeg-BBQ gebucht und waren schon am frühen Nachmittag in Port Ellen, ergo hatten wir noch jede Menge Zeit, die wir für eine „kleine“ Wanderung nutzen wollten. Wir wollten von Port Ellen am Carraig Fhada Lighthouse vorbei rüber zu den Singing Sands wandern, um anschließend zurück nach Port Ellen und von dort dann den Three Distilleries Path nach Ardbeg zu marschieren, um uns ein wenig vom Bowmore Tasting zu akklimatisieren und für den Abend bei Ardbeg gewappnet zu sein. Am Ende waren wir dann ganz schön platt, sind wir doch ca. 15 km gelaufen, und das in unserem Alter. Aber es tat gut und die Umgebung und die Ausblicke waren herrlich, so dass ich das Ganze natürlich wieder fotografisch ausführlich würdigen musste. Hach, Islay ist schon ein kleines Eiland zum Verlieben. Gerade jetzt, beim Verfassen dieser Zeilen befällt mich wieder ein extremes Fernweh nach der Insel, seiner Natur, seinen Brennereien …
Aber genug des Schmachtens und zurück zur schnöden Realität, die mir sagte: „Wo ist deine Flasche Ardbeg? Du bist schlecht vorbereitet auf den BYOB-Abend.“ Wobei BYOB für Bring your own bottle steht. Dank meiner Unwissenheit hatte ich nicht auf dem Schirm, dass jeder zu dem BBQ-Abend eine Flasche Ardbeg (oder zumindest einen Islay-Raucher) mitbringen soll und demzufolge musste ich quasi nackt zu dem Abend antanzen. Sinn des Ganzen ist, dass man mit anderen Teilnehmern des Abends ins Gespräch kommt und sich über die mitgebrachten Abfüllungen austauscht und verkostet. So weit, so gut, oder besser gesagt, schlecht. Wohl gefühlt habe ich mich anfangs nicht, aber was sollte ich machen. Peter hatte mich aber im Vorfeld schon ein wenig zu beruhigen versucht, dass das nicht so dramatisch wäre, was sich im Nachhinein auch bestätigte. Nun ja, wie heißt es so schön: Man wird alt wie ’ne Kuh, und lernt immer noch dazu! Trotz alledem war es ein feiner Abend mit feinem Grillgut vom futuristischen und einem von einem Distillery-Mitarbeiter selbst entworfenen Monstergrill und einiger schöner Ardbegs als auch Nicht-Ardbegs. Anfangs war es temperaturtechnisch noch sehr angenehm, was sich aber zu späterer Stunde ändern sollte. Nachdem sich die Sonne am Horizont für den Tag verabschiedet hatte, wurde es schlicht und ergreifend arschkalt. Die engagierte Band hatte es mir angetan, spielten sie doch nicht das gleiche Zeugs wie die Bands bei den Open Days der anderen Brennereien. Vielmehr was das Repertoire der Band sehr blueslastig, was mir sehr zusagte. Später hatten wir dann auch noch Gelegenheit sowohl das alte als auch das neu erbaute Brennereigebäude zu besichtigen, was ich sehr spannend fand. Speziell das riesige Fenster mit Meerblick hatte mich beeindruckt, kann es doch über einen Automatismus nach oben geöffnet werden. Schon beeindruckend, was sich die Brennerei da gebaut hat.
Alles in allem war das wieder ein interessanter und erlebnisreicher, aber auch anstrengender Tag, welchen ich nicht so schnell vergessen kann und werde. Gerade der Marsch zu den Singing Sands und darauf folgend zur Ardbeg-Distillery hat mich doch sehr beeindruckt ob der verschiedenen landschaftlichen Gegebenheiten auf der Insel. Aber auch den Abend bei Ardbeg werde ich u.a. der tollen Atmosphäre wegen so schnell nicht vergessen.
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