So, nun ist also auch mein zweiter Besuch auf der Isle of Islay Geschichte, und zwar im Rahmen des alljährlich stattfindenden Fèis Ìle Festivals, welches in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ins Leben gerufen wurde, um die gälische Sprache und Kultur nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. War dieses Festival in den Anfangsjahren noch ein lokales Volksfest für die einheimische Bevölkerung und hatte mit den auf der Insel beheimateten Brennereien wenig gemein, änderte sich dies zum Ende der 90er Jahre langsam. Ab dem Jahr 2000 führten die lokalen Destillerien einen Tag der offenen Tür und eigens für diese Veranstaltung Abfüllungen von besonders ausgesuchten Fässern ein.
Aktuell ist das Fèis Ìle Festival in der gesamten Whiskywelt weltbekannt, nicht zuletzt aufgrund der in der jüngsten Vergangenheit explodierten Verkaufszahlen von Whisky der Spirituosenbranche. So ist das Festival für die Insel wohl Fluch und Segen zugleich. Zum einen profitiert der lokale Tourismus vom Besucheransturm in der letzten Maiwoche eines jeden Jahres (bis zu 3x mehr Touristen als Inselbewohner), zum anderen kann die Infrastruktur der Insel, die eh schon an oder sogar über der Belastungsgrenze ist, den Ansturm des Besucher schwer verkraften. Hinzu kommen noch die aufgrund der weltweit gestiegenen Verkaufszahlen für Single Malts hochgefahrenen Produktionskapazitäten der Destillerien und es sollen wohl noch einige Brennereien hinzukommen bzw. befinden sich in der Planungs- oder sogar schon der Bauphase.
Aber genug zur Geschichte des Festivals und dem aktuellen Befinden der Insel und zurück zum eigentlichen Grund dieses Beitrags. Ich hatte ja nach meinem ersten Islay-Besuch in diesem Beitrag hier schon darüber geschrieben, dass ich auf den Vergeleich Islay im November und Islay im Mai zum Fèis Ìle gespannt bin und kann jetzt endlich für mich ein Fazit ziehen. Die Unterschiede waren jetzt doch nicht so gravierend, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Angeheizt durch diverse Berichte und Erzählungen in schriftlicher wie mündlicher Form ging meine Fantasie mit mir durch und ich dachte tatsächlich sämtliche Straßen, Dörfer und Brennereien der Insel wären mit Fahrzeugen zugeparkt und man würde sich durch Menschenmassen hindurchdrängeln müssen. Nun, ganz so schlimm war’s denn nicht und klar, zu den Open Days der Destillerien war natürlich gut was los, aber bei weitem nicht so extrem wie ich mir das in meinen wilden Fantasien ausgemalt hatte. Schlußendlich muss ich sagen, ich hatte mir die beiden Insel-Gastspiele wesentlich ambivalenter vorgestellt und ich kann sagen, dass ich beide Besuche auf der Insel sehr genossen habe.
Die Anreise erfolgte, wie eigentlich immer, über Edinburgh mit einem Kurzbesuch der neu eröffneten Port of Leith-Destillerie. Die Führung durch die Brennerei entfiel allerdings, unser Flug aus Hamburg hatte Verspätung, so dass wir uns auf ein Intermezzo in der Bar in der achten Etage dieser vertikal arbeitenden Destillerie beschränken mussten. Es dürfte interessant sein, diese zukünftig einmal näher in Augenschein zu nehmen. Am nächsten Tag holten wir unseren Mietwagen ab und fuhren, nein, nicht nach Kennacraig, sondern nach Ardrossan an der WEstküste Schottlands, von wo aus wir die Fähre zur Isle of Arran erreichen wollten, die wir natürlich auch verpassten. So mussten wir bis zur nächsten Fähre ein paar Stunden in diesem Nest ausharren, welches auf mich einen sehr deprimierenden Eindruck hinterliess. Das regnerische Wetter tat sein übriges dazu. Letzlich war ich dann froh, als wir endlich diesen Ort der Tristesse mit der Fähre Richtung Brodick verlassen konnten.
Auf Arran angekommen bezogen wir für eine Nacht Quartier im The Corrie Hotel, welches sich als knuffiges und typisch schottisches Hotel erwies. Sehr empfehlensert, wie ich finde. Am nächsten Tag dann standen die beiden Insel-Brennereien Lagg und Lochranza auf unserer Agenda. Lagg ist eine Destillerie im Süden von Arran, welche 2019 die Produktion von Whisky aufnahm und nur getorftes Gerstenmalz verwendet. Die Arran Destillerie, im Norden der Insel gelegen, produziert hingegen schon seit 1995, wobei „schon“ im Kontext zur Schwester-Brennerei Lagg gesehen werden muss. Schwester-Brennerei deshalb, weil die kleine Destille im Süden der Insel den Eigentümern der Arran Destillerie gehört. Mit dem Bau von Lagg ging eine Namensänderung der nördlichen Brennerei von Arran zu Lochranza einher. Beides sehr interessante Destillerien, wobei mich die Produkte von Arran bislang noch nie wirklich abholen konnten, ganz im Gegensatz zu Landschaft und Natur des kleinen Eilands. Am späten Nachmittag dann ging es dann mit der Fähre erst hinüber nach Kintyre und dann weiter zu unserem letztlichen Ziel der Reise, die Isle of Islay. Aber davon dann mehr im nächsten Teil meiner kleinen Reisebeschreibung.
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