Einer meiner lang gehegten Träume wurde nun endlich wahr. Endlich konnte ich der Insel, wo meine Whisky-Reise ihren ernsthaften Anfang nahm, einen Besuch abstatten. Im November des letzten Jahres waren zwei Whisky-Freunde und ich für mehr als eine Woche im Schlaraffenland der Peated-Whisky Freaks unterwegs, um Destillerien und Leute kennenzulernen. Wie ich schon an diversen anderen Stellen anmerkte, bervorzuge ich für solcherart Reisen gerne die sogenannten Übergangsjahreszeiten, sei es der Übergang von Winter zu Frühjahr oder, wie im vorliegenden Falle, der Übergang vom Herbst zum Winter. Zum einen sind das die Wochen in denen die Insel von übermäßgem Tourismus verschont bleibt, zum anderen ist die Wetterlage in genanntem Zeitraum schnell und heftig wechselnd, also so wie ich es mag. Es ist weiterführend und um ein wenig abzuschweifen zu erwähnen, dass im laufenden Jahr eine weitere Reise zur Insel mit der größten Brennereidichte ansteht. Und zwar zum Feis Ile-Festival Ende Mai/Anfag Juni. Quasi das Kontrastprogramm, und das ganz extrem. So zumindest mein derzeitges Empfinden. Ich bin gespannt auf das Festival an sich, wovon ich schon so viel gehört und gelesen habe und wie ich nach dem Feis Ile darüber denke. Zum jetzigen Zeitpunkt meine ich, dass ich die beiden Reisen als sehr ambivalent wahrnehmen und bewerten werde. Aber warten wir’s ab. Ich werde dann natürlich zu gegebener Zeit an dieser Stelle berichten.
Die Anreise erfolgte wie so oft via Edinburgh, wo wir einen Mietwagen übernahmen und westwärts Richtung Kintyre fuhren. Dort hatten wir in Tarbert in einem kleinen Hotel namens Starfish Rooms eine Übernachtung gebucht und nach Ankunft im The Corner House-Pub um die Ecke den Trip mit ein paar landesüblichen Getränken fachgerecht eingeläutet. Beides sind nebenbei bemerkt sehr empfehlenswerte Locations. Am nächsten Morgen ging es dann beizeiten los, fuhr die Fähre von Kennacraig nach Port Askaig doch schon um 7:45 Uhr los. Das Wetter, oder ich sollte wohl besser sagen, das Licht war an besagtem Morgen wieder sehr genehm zum Fotografieren: Weitestgehend klar, weiter weg am Horizont vereinzelte Wolken leicht diesige Sichtverhältnisse. Sehr schön.
Nach Ankunft in Port Askaig war ich ob der Tristesse der kargen Landschaft links und rechts der Straße auf Islay erst mal leicht ernüchtert, was sich aber nach Ankunft in Bowmore wieder schnell geben sollte. Auf den ersten Blick erschließt sich die Schönheit Islays eben nicht, es braucht schon seine Zeit (und vielleicht auch den Anblick einer Brennerei). Nach Erledigung einiger Besorgungen und kurzer Stippvisite im Bowmore-Shop sind wir dann rüber nach Bruichladdich gefahren, wo unser Quartier für die nächsten Tage wartete. Und die Entfernung zur Destillerie betrug nicht mal 100m. Selbstredend mussten wir ungehend in das Visitor Centre um uns umzuschauen und die vor Ort verfügbaren Fässer zu inspizieren und natürlich auf Tauglichkeit zu testen. Beide, der Bruichladdich sowie der Port Charlotte, haben den Test bestanden, natürlich, wobei mir der PC dann doch ein wenig mehr mundete.
Im Anschluß machten wir dann noch einen kleinen Abstecher zur Ortschaft Port Charlotte und weiter runter nach Portnahaven, um dann noch auf die andere Seite der Insel zum American Monument zu fahren. Ein fantastisches Erlebnis, das Wetter spielte mit und faszinerte mich mit den herrlichsten Wolkenformationen und Lichtstimmungen. Höhepunkt jedoch war der einheimische Kollege in klassischer Tracht und Sackpfeife, der mit todernster Mine und ohne den Blick nach rechts oder links zu wenden schnurstracks an uns vorbei marschierte und neben dem Monument Halt machte und anfing, auf seinem Instrument ein Stück zu spielen. Das Ganze dauerte so ca. 5 min ehe er gleich dem Hinmarsch an uns vorbeistapfte und schließlich in der Ferne verschwand. Meine Kamera hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon eingepackt, deswegen habe ich nur mit dem Smartphone ein paar Fotos machen können, aber auch ein kurzes Video. Irgendwie habe ich das als ziemlich surreal wahrgenommen und musste das erstmal verdauen. Mit etwas Abstand und im Video betrachtet kommt mir das alles immer noch ein wenig unwirklich und, wie soll ich sagen, fast ein bisschen klischeebehaftet vor. Aber wie auch immer, es war in jedem Falle ein Ereignis, welches ich nicht so schnell vergessen werde.
Am Ende des Tages wurde dann noch in Port Ellen an der Baustelle der wieder in Bau befindlichen Brennerei ein kurzer Halt gemacht und jene einer kurzen Außeninspektion unterzogen. Teile der alten Brennereigebäude (u.a. die Doppelpagode) wurden zum Teil umgebaut und restauriert, größtenteils wurde jedoch neu gebaut, wie man schön an dem großen Glashaus sieht, in dem sich die 4 Brennblasen befinden. Es sieht auf jeden Fall vielversprechend aus, mal sehen ob ich dann irgendwann doch mal einen Port Ellen probieren kann, der bezahlbar ist. Bis dato hat noch kein Whisky aus dieser Destillerie meinen Gaumen verwöhnt.
Der erste Tag auf Islay war schon mal sehr abwechslungsreich und hochinteressantt. Und dabei hatten wir noch keine Brennerei wirklich von innen gesehen.
No responses yet