Unverhofft kommt oft, so sagt das Sprichwort, was aber eigentlich nicht so ganz stimmt. Unverhofft kommt manchmal, würde vielleicht eher passen und so würde ich das erste Tasting im noch jungen Jahr 2025 wohl kurz umschreiben. Das erste Mal an einem Sonntag und relativ früh um 17:00 Uhr, sowie das zweite Mal in der Freudenhaus Bar auf St. Pauli. Unverhofft deshalb, weil mir dieses Mal alle 6 verkosteten Abfüllungen durch die Bank gemundet haben. In der Vergangenheit kam dies ja nicht so häufig vor. Gut, beim letzten Old & Rare Tasting im Atlantic Hotel waren die gereichten Malts bei mir ebenfalls ganz weit vorn, aber das war auch eine andere Liga und deshalb außer Konkurrenz.
Da das Tasting ja wie gesagt an einem Sonntag stattfand und die Bar an diesem finalen Wochenendtag normalerweise geschlossen ist, hatten wir die Bar ganz für uns. Die Freudenhaus Bar ist normalerweise eine Raucherbar, allerdings war das Rauchen an diesem Abend untersagt, was mich persönlich und natürlich auch einige Andere sehr gefreut hat.
Das Motto des Abends lautete Tasting Notes Quiz, was bedeutet, dass zu jeder Flasche 3 offizielle Verkostungsnotizen von SMWS-Abfüllungen vorgelesen wurden und die Teilnehmer dann erraten mussten, welche Notiz zum Dram im Glas passt. Die Flaschen waren natürlich vorher nicht zu sehen und das Etikett auch entsprechend abgeklebt. Die ersen Plätze haben dann je ein Samplepack unterschiedlichen Inhalts bekommen. Ich fand das keine schlechte Idee und es hat Spaß gemacht. Könnte man ab und an bei einem künftigen Tasting wieder mit integrieren.
Nun aber zu den Abfüllungen. Wie oben schon erwähnt hatte ich dieses Mal nix zu meckern, da mir alle Whiskies sehr zugesagt haben. Schon der Starter, ein 8 Jahre alter Tomatin namens „Wine and Pine“ aus einem Toasted Ex-White Wine Barrique war ein ganz Feiner. Soweit ich weiß, war das gar eine Vollreifung in besagtem Fass. Der Alkohol war gut eingebunden, so dass man die 60,6% nicht wirklich wahrgenommen hat, aber die Weinnote war in Nase und Mund deutlich wahrnehmbar.
Beim zweiten Kandidaten bewegten wir uns raus aus Schottland und zwar Richtung Süden, nach Wales um genau zu sein. Und da es dort ja bekanntermaßen nicht so viele Brenereien gibt, eine um genau zu sein, dürfte klar sein, um welche Distillery es sich handelt. Genau, um Penderyn. Ich hatte vor nunmehr bestimmt auch schon 4 – 5 Jahren mal eine Abfüllung mit der Nummer 128.11 im Glas und den fand ich richtig gut. Der wurde in einem Ruby Port Barrique gereift und hört auf den schönen Namen „Welsh giant in the Jamaican Blue Mountains“. Ich hab den als so ein bissel schräg in Erinnerung, kann das aber gar nicht mehr genauer definieren. Ich hatte seitdem noch einige andere SMWS-Abfüllungen aus der walisischen Brennerei probieren können, aber keine kam an den walisischen Giganten heran. Ja, und nun hatten wir mit dem 128.22 (Muscat gravy) den nächsten Penderyn im Glas und ich muss sagen, dass dieser mir wieder sehr gut gefällt. Mit 59,9% und nur 7 Jahren Reifung (zunächst im Bourbonfass mit anschließendem Finish im 1st Fill Muscat of Setubal Barrique) kam er natürlich sehr kräftig, aber nicht sprittig herüber und ließ gerade am Gaumen seine Muskeln spielen. Ein junger Wilder, wie man so schön sagt.
Bei Whisky Nummer drei und vier bewegen wir uns geographisch wieder gen Norden, zunächst in die Highlands und anschließend in die Speyside. Der Highlander war ein Macduff, der auf den Namen „La Belle Époque“ hört und ganze 15 Jahre in einem Bourbon Barrel verbrachte. Ein schöner süß-fruchtiger Malt mit einer dezenten Würzigkeit hintenheraus. Der Speysider dagegen wurde drei Jahre in einem Oloroso-Hogshead gefinshed, was ihm eine nussige Kräuterigkeit und leichte Fleischigkeit verlieh. Es handelte sich um einen 13-jährigen Strathmill. Beides zwar keine Überflieger, nichtsdestotrotz aber sehr genehme Tropfen zum Genießen und Nebenhersüffeln.
Bei der nächsten Abfüllung war ich dann sehr sehr skeptisch, das es sich um einen Loch Lomond bzw. Inchmoan handelte. Mit dieser Distillery hatte ich vor einigen Jahren schlechte Erfahrungen mit einer Abfüllung von der SMWS gemacht. An Details kann ich mich zwar nicht erinnern, nur das es ein Loch Lomond war. Ich denke, es war wohl ein Croftengea mit der Nummer 122, mit dem Profil Heavily Peated. Die Verkostungsnotizen versprachen einen brutalen Raucher, der alles platt macht. Also noch extremer als die St. George Abfüllungen von der Society. Und da ich ja bekanntlich auf sowas richtig abfahre, hatte ich mir flugs ein Flasche bestellt und auch sogleich geöffnet. Und dann kam der Hammer, oder anders gesagt, es wehte nur ein laues Lüftchen aus der Flasche und dem Glas. Am Gaumen dasselbe, saft- und kraftlos und mit einer fischigen Note und mehr passierte da auch nicht. Da war ich richtig bedient und seitdem werden Loch Lomond Abfüllungen, und da im speziellen die von der SMWS, und ich keine Freunde mehr. Und nun kam der nächste Loch Lomond im Freudenhaus in’s Glas und mir schwante nichts Gutes. Also, Augen zu und durch. Und wiederum wurde ich überrascht, dieses Mal jedoch positiv. Aus dem Glas stieg ein schöner kräftiger Rauch in meine Nase, welcher sich dann auch in meinem Mund ausbreitete, mit einer ausgeprägten medizinisch-phenolischen Note, wie ich sie eher von Laphroaig her kenne. Hallejuha, da ging richtig was ab in Nase und Mund. Hätte ich diesen Burschen blind verkostet, wäre ich geneigt zu sagen, das ist ein Laphroaig oder sogar ein St. George. Aber nix da, es war „nur“ ein Inchmoan. Mit diesem Whisky hat sich die Distillery bei mir wieder ein wenig rehabilitieren können. Zum Schluß noch die Eckdaten dieser Flasche: kräftige 62,4%, Profil Lightly Peated, 9 Jahre alt aus einem Bourbon Barrel. Die Nummer war die 135.61 mit dem schönen Namen „A Bohemian not a Hipster“.
Und damit sind wir auch schon beim letzten Kandidaten des Abends angelangt, und zwar einen Highland Park, 25 Jahre alt und, ich mach’s mal einfach, für 6 Jahre in einem Bodega Oloroso Butt gefinished. Kurze Randnotiz. Als es vor einigen Wochen bei der Society diese Aktion gab, bei der man u.a. bei einem Warenwert über 300€ 100€ Rabatt bekam, bin ich im Shop eine ganze Weile um die Flasche herumgeschlichen und konnte mich nicht entscheiden. Kaufen oder Nichtkaufen. Kurz vor Auslaufen der Aktion und nur noch wenigen vorrätigen Flaschen habe ich mir dann doch noch einen Ruck gegeben und diese Flasche erworben, zumal die Abfüllung bei den Two Whisky Bros mit 7,5 von maximal 10 Punkten relativ gut davonkam und die beiden Brüder nach meinem Dafürhalten mit SMWS-Abfüllungen sehr kritisch in’s Gericht gehen. Als ich dann eben jenen Highland Park im Lineup entdeckte, war ich selbstredend sehr erfreut, konnte ich doch den Malt erstmal probieren und prüfen, ob er mir zusagt, bevor ich die Flasche köpfe. Als er dann als Letzter in die Runde endlich an der Reihe war, hatte er es mit seinen sehr genehmen 50,4% naturgemäß nicht leicht gegen die Krawallbrüder vor ihm mit um die 60% anzukommen. Dafür hat er sich dann letztlich aber wirklich sehr gut geschlagen. Immerhin so gut, dass ich mich neugierigerweise entschloß die Flasche ein paar Tage später zu Hause zu öffnen. Und ich muss sagen, die SMWS hat da ganz vorzügliche Arbeit geleistet. Zunächst karamellig-süß in der Nase, wird es mit zunehmnder Zeit immer würziger und herber, so als ob ich ein paar Dutzend Meter vom stürmischen Meer entfernt im Heidekraut stehe, und zwischen dem Meer und mir glimmt noch ein kleines Kohlefeuer vor sich hin. Im Antritt dann auch zunächst sehr weich und sanft, dann aber stehe ich mitten in einer Brikettfabrik und atme den Kohlenstaub ein. Wahnsinn, was da abgeht am Gaumen. Ganz großes Kino. Der Alkohol ist ganz hervorragend eingebunden, da brennt nix am Gaumen, nur ein leichtes angenehmes Brizzeln. Der Abgang hingegen ist das einzige, aus meiner Sicht jedoch vernachlässigbare Manko an dem Highland Park, weil er sich als eher kurz darstellt. Am Übergang zur Speiseröhre setzt sich der eingeatmete Kohlenstaub fest und wartet darauf, von einem Schluck Wasser hinuntergespült zu werden, ansonsten passiert da nicht wirklich viel. Aber wie gesagt, für mich vollkommen OK. Ich mag wohl Kohlenstaub, hab ja schließlich auch ein paar Jahre in Brikettfabriken und Kokereien gearbeitet. Der Name „Red wine and brine in the old coal mine“ ist in diesem Falle wirklich passend gewählt. Summa summarum kann ich für mich sagen, die ca. 275€ sind für das Gebotene sehr gut angelegt, die ursprünglich von der SMWS veranschlagten 375€ wären mir jedoch eindeutig zuviel des Guten gewesen.
Fazit: Bei dem Penderyn und dem Inchmoan war ich stark am Überlegen mir je eine Flasche zuzulegen, habe aber dann am nächsten Tag den Gedanken wieder verworfen. Zuviele Flaschen warten verschloßen bei mir zu Hause auf die ihr ursprünglich zugedachte Rolle. Und beim Highland Park muss ich mir mal selber ganz dezent auf die Schulter klopfen, dass ich mir die Flasche doch noch zugelegt habe. Manchmal macht man auch etwas richtig.
Alles in allem war es wieder ein richtig schöner Abend, mit durch die Bank guten bis spitzenmäßigen Abfüllungen und das Quiz hat auch Laune gemacht, trotz des ungewöhnlichen Wochentags, oder besser Wochenendtags, nämlich Sonntag. Es scheint, dass die nächsten Tastings auch wieder Sonntags im Freudenhaus stattfinden werden, da an diesem Tag die Bar ja regulär geschlossen ist und wir dort quasi eine geschlossene Gesellschaft darstellen. Mal schauen, wie es hier weitergeht. Danke an Ryan vom Freudenhaus, Thom von der SMWS und allen Teilnehmern, die zu diesem gelungenen Abend beigetragen haben. Es war mir ein Fest.
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